25.09.14 Überbelichtet

Nach dem gestrigen Höhepunkt der Tour kann es besser wohl kaum noch kommen. Kam es auch nicht. Dieser Tag war, was die Fahrerei anging, wohl die erbarmungsloseste Etappe. Zwar auf Asphalt (die von den Einheimischen so genannte „Winton Beef Road“ ist einspurig – aber wann kommt einem hier schon mal ein Auto entgegen?), doch über weite Strecken monoton durch nicht enden wollende, schattenlose Weiten von gelb-dürrem Gras, das in der Sonne wie ein überbelichtetes Inferno wirkte und auch mit Sonnenbrille nur schwer auszuhalten war. War zuvor die Wüste oft so schön, war sie hier nur noch mühsam. In der Hitze (37℃ im Schatten, in der Sonne plus x) schienen selbst die zwischendurch auftauchenden Hügelketten auf einem mystischen See zu schwimmen. Und irgendwann habe auch ich angefangen, am Horizont Dinge zu sehen, die in Wirklichkeit nicht da waren. Bäume, Seen, Lkws …

Abwechslung gab es wenig. An einigen Stellen konnte man Relikte der alten Postkutschenlinie besichtigen, Ruinen, neben dem berüchtigten Min Min Hotel auch ein beeindruckendes Meer an im Hinterhof entsorgten Glasflaschen, die da seit knapp 100 Jahren liegen, ein einsames Roadhouse und die wohl einsamste Telefonzelle der Welt.

Für Abwechslung anderer Art war ich leider selbst mit verantwortlich. Als die Ödnis von den Lilyvale Hills unterbrochen wurde, verhieß mein Reiseführer einen lohnenswerten Aussichtspunkt. Er sei befahrbar. Von unten sah die Sandpiste zwar sehr steil, aber gut aus, so dass ich der Hitze wegen das Hinauffahren dem Fußweg vorzog. Ein Fehler. Direkt nach der Kurve tauchten gut 30cm tiefe Löcher und Felsbrocken im Weg auf. In einem Loch fuhr ich mich halb fest, doch da rückwärts runter gar nicht ging, blieb nur, mich nach oben freizufahren. Zitternd stand ich dann oben und konnte die wirklich traumhafte Aussicht kaum genießen angesichts der Tatsache, dass ich ja irgendwie wieder runter musste. Es gab einen zweiten Pfad, besser im Zustand, aber noch steiler und deshalb ungeeignet bei dem Dachaufbau. Also auf der natürlich nirgendwo gesicherten Fläche, die nur etwas größer als mein Wagen war, im Schneckentempo gewendet und dann mit kleiner Untersetzung langsam runter. Zweimal dachte ich, das Auto kippt um, aber irgendwie kamen es und ich unbeschadet unten an. Doppelter Puls, danach Einsammeln all meines Gepäcks, das sich fröhlich verteilt hatte (angesichts des Wissens um die durchgehend asphaltierte Straße hatte ich nicht mehr alles Schwere nach unten gepackt) und eine kleine Pause.

Nach dieser Sache, die wohl die gefährlichste Situation war, hatte ich die Nase restlos voll. Am frühen Nachmittag kam ich in Winton an, und nach kurzer Besichtigung des örtlichen Waltzing-Matilda-Museums entschied ich mich, den Umweg über Longreach und Muttaburra ausfallen zu lassen und noch am gleichen Tag ins gut 200km entfernte Hughenden weiterzufahren, um an der Küste etwas mehr Zeit zur Erholung zu haben. Einerseits schade um vieles, was ich dadurch nicht gesehen habe, doch das wirklich Wichtigste der gesamten Wüstentour ist eh gestern passiert und eigentlich unsagbar.

Meine Eskapaden mit dem Auto hatten leider doch Auswirkungen – ein nicht auffindbares Leck im Ölkreislauf. So war ich gezwungen, in Winton bei der Tankstelle vorstellig zu werden. Ein charmanter Mechaniker half mir schließlich, den festgebackenen Deckel zum Ölnachfüllen loszuschrauben. Doch der Ölverbrauch ist weiterhin extrem hoch … egal, das Auto fährt!

In der sinkenden Sonne ging es also weiter nach Nordosten. Die Landschaft ähnlich wie zuvor, sehr viel Gras und Weite, doch etwas mehr Zivilisation (Strommasten, gelegentlich sogar Eisenbahnschienen!) und im Licht des Spätnachmittags fast golden. Was wunderschön war: um diese Uhrzeit werden viele Tiere wieder munter. Ganze Familien von Känguruhs und Emus kreuzten die Straße, so dass ich oft anhielt. Fotoscheu waren sie dennoch, aber ein paar wenige haben es aufs Bild geschafft 🙂

Im Nachhinein war aber auch dieser so mühsame Wüstenabschnitt für etwas gut … manche werden vielleicht ahnen, wie ich das meine.

Bilder:
1. Boulia
2.-3. Weite
4. Ruine Hamilton Hotel
5.-6. Glasmüllhalde und Geschichte des Min Min Hotels
7. Rush-hour im Outback
8. Lilyvale Hills
9. An besagtem Aussichtspunkt (von der Wegstrecke habe ich bewusst kein Bild gemacht)
10. Middleton Hotel, einzige Postkutschenstation, die noch existiert
11. Eine ehemalige Kutsche dieser Strecke
12. Nichts – aber mit Telefon
13. Die schwimmenden Berge
14.-16. Winton
17.-21. Zwischen Winton und Hughenden

 

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