2. Klosterwoche

Nach einem rundum phantastischen Allerheiligen-/Allerseelen-Wochenende mit tollem Wetter und Besuch aus den USA begann Montag der „Ernst“ des Klosterlebens: Gartenarbeit. Nachdem ich schon seit dem Friedhofseinsatz letzte Woche Rückenschmerzen hatte (muss mich irgendwie verdreht haben), wurden diese im Garten nur noch schlimmer. Sie sind bis jetzt nicht weg, trotz Tabletten, Salben, Infrarotkabine, Wärme usw. Also, wer mag: bitte (weiter)beten! Davon abgesehen macht die Arbeit im Garten und in der frischen Herbstluft Spaß, auch wenn mein Tun von keinerlei Kenntnis durchsetzt ist. Zum Glück gibt es kundige Menschen, die mir erklären, was ich abschneiden darf und was nicht. Als mich dann Hausgäste bei der Arbeit im Innenhof nach dem Beschneiden der Rosen vor dem Winter fragten (nach Martini, bis dahin dürfen sie blühen), konnte ich gleich professionell mit meinem neu erworbenen Wissen beeindrucken – überzeugt sprechen ist manchmal die halbe Miete und kaschiert eigene Unkenntnis hervorragend.

Die knapp einstündige lectio divina morgens um sechs gestaltet die Magistra für uns Postulantinnen im Meditationsraum der Klausur. Nun sind Meditationsräume an sich und dieser im speziellen nicht meine Kragenweite. Ich fühle mich darin eingesperrt und bekomme immer Kopfweh, denke, es liegt am Teppich. Die Art, wie die Magistra es macht, ist mit Bedacht gewählt und gewiss gut zum Ankommen, doch überhaupt nicht meine Form. Eine Woche habe ich tapfer durchgehalten in der Hoffnung, ich würde mich daran gewöhnen, mit der Zeit wohler fühlen. Letztlich habe ich aber die meiste Zeit nur abgesessen und es war bedrückend … nicht Sinn der Sache. Nun darf ich meine lectio im eigentlichen Sinne selbständig in der Kapelle (wo ich mich sehr wohlfühle) gestalten, weil die Magistra überzeugt ist, dass ich genug Erfahrung habe. Das ist eine große Erleichterung, und so fängt der Tag gleich viel besser an. Im Gebet verbunden mit den anderen (die weiter im Meditationsraum sind), doch mit mehr Weite. Und in völliger Stille, so dass das erste gesprochene Wort des Tages tatsächlich die Eröffnung der anschließenden Laudes „Herr, öffne meine Lippen …“ ist. Das ist für mich stimmig und eine sehr kostbare Zeit, trotz des frühen Aufstehens, an das ich mich hoffentlich noch gewöhne.

Am letzten Sonntag waren wir in der Infirmerie des Mutterhauses und haben die alten Schwestern besucht. Es war so anrührend, deren Lebensgeschichte zu hören, etwas von dem Feuer zu spüren, das in ihnen noch mit weit über 90 Jahren brennt, ihre Zufriedenheit zu erleben. Ich habe bislang wenig Senioren getroffen, die so zufrieden mit ihrem Leben waren. Am Dienstag waren wir den ganzen Tag in dem Kloster (hier „Vaterhaus“ genannt), wo die Keimzelle der Kongregation liegt. Der Magister dort hatte relativ spontan zum Besuch geladen, und so verbrachten wir zu fünft bereichernde Stunden dort. Amüsant und interessant war es außerdem. Obwohl ich zuvor schon so oft dort war, gab es noch vieles, was ich bislang nicht gesehen / gehört hatte. Und bei den Novizen fand sich einer, der fast genau die gleiche Geschichte hinter sich hat wie ich. Wir freuen uns schon darauf, uns bei den Studientagen im Januar mal ausführlicher unterhalten zu können. Am Donnerstag fiel der erste Schnee der Saison. Nicht viel, aber es war bis zum Mittag alles weiß und schon vor den Laudes standen Schwestern kindlich lächelnd am Fenster und freuten sich, einfach süß! Wenn es mal wieder schneit, ist das Herstellen des Schneemannes sicher Noviziatsaufgabe, oder?! Freitagabend kam die Priorin zu Besuch und berichtete mit viel Elan und zahlreichen Bildern von ihrer Koreareise, so dass sie mir persönlich große Lust darauf gemacht hat, die entfernteren Ecken der Kongregation zu besuchen oder für einige Zeit dorthin zu gehen.

Inzwischen ist meine Zelle schon viel persönlicher eingerichtet. All die lieben Karten, die ich zum Eintritt bekam, die Termine usw. pinnen nun ordentlich an meiner neuen Magnetwand, das Bild aus einer Aboriginal-Community (mein eigenes Mitbringsel aus DownUnder) und andere Bilder hängen auch, es fehlen nur noch die Fotos von einigen Leuten 😉 Inzwischen habe ich ein Telefon ohne Störungen und sogar eine Nachttischlampe. Und das fleißige Einnähen der Nummern hat sich auch ausgezahlt, die Wäsche kam vollständig aus der Wäscherei im Mutterhaus zurück. Alles in allem: es kehrt etwas mehr Alltag ein, und auch wenn’s anstrengend war und ist, fühle ich mich grundsätzlich wohl. War schon nicht ganz falsch, hierher zu kommen … 😉

Die jüngere Vergangenheit holt mich allerdings wieder ein, und das ist gut so. Eine Patientin, die und deren Familie ich im Krankenhaus fast ein halbes Jahr begleitet habe, die mir sehr am Herzen lag und von der ich sehr viel gelernt habe, ist nun – trotz der Krankheit relativ plötzlich – verstorben. Die Familie schickte mir die Anzeige sogar hierher ins Kloster, was mich sehr gerührt hat. Überhaupt gibt es so manche Menschen aus dieser Zeit, an die ich sehr gern und mit Dankbarkeit denke.

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