Exerzitien, geistliche Übungen, oder, ganz weltlich ausgedrückt, Training. Manch einer wird sich darunter vielleicht nicht viel vorstellen können … Training mit Gott? So mit Stoppuhr und Anfeuern? Nicht ganz 😉
Exerzitien sind eine besondere Zeit mit Gott und für Ihn und mich. Tage der Stille, des Schweigens. Zurückgezogen an einem anderen Ort, fern des Alltags. Je nach Konzept können sie sehr verschieden gestaltet und unterschiedlich lang sein. Immer aber gehören längere Zeiten des Gebets, des stillen Verweilens vor Gott, Schriftlesung, tägliche Einzelgespräche mit dem Begleiter und Gottesdienste dazu. Es geht darum, sich in die Beziehung zu Gott zu vertiefen, sie quasi mehr „einzuüben“ (daher der Name). Die Gründe dafür mögen verschieden sein: an einem Wendepunkt meines Lebens, regelmäßig zur Stärkung meines Glaubens oder zur Reflexion meines Lebens gemeinsam mit Ihm, aus Neugierde …
Gerade habe ich neun Tage einer solchen stillen „Trainingszeit“ hinter mir, meine Einkleidungsexerzitien. Stand Gott mit der Stoppuhr hinter mir? Ganz gewiss nicht. Aber „angefeuert“ hat Er mich, im wahrsten Sinne des Wortes.
Für manche ist soviel Stille unaushaltbar. Ich muss zugeben, ich kann mir das gar nicht vorstellen, denn für mich wird die Stille richtig laut und lebendig, wenn ich mal meinen Mund halte, Musik, Handy und PC ausschalte, Bücher wegpacke, und einfach nur da bin. Schweigen ist was anderes als Verstummen. Verstummen würde ich auf einen Befehl, eine Drohung oder einen Schreck hin, unfreiwillig, wie Erstarren. Doch Schweigen ist eine ziemlich aktive Sache – und eine bewusste Entscheidung: weil ich es will. Weil ich dann die Ohren spitzen kann und plötzlich Dinge wahrnehme, die mir sonst im Trubel des Alltags (ja, auch ein Klosteralltag ist ganz schön trubelig) gar nicht mehr auffallen, seien es Gedanken und Gefühle in mir, oder vielmehr noch Gottes Stimme. Kann schon sein, dass mich mancher Leser nun an der Grenze zum Wahn verortet, doch ich kann nur sagen (wohl wissend, dass es kein Wahn ist): ja, ich höre Ihn. Mal mehr, mal weniger. Und in den Exerzitien habe ich Ihn definitiv gehört und Ihm mehr zuhören können als in der ganzen letzten Zeit.
Wie in jeder Partnerschaft ist es gut, füreinander Zeit zu haben. Deswegen: eine Stoppuhr gab es nicht, weder von Gottes Seite noch von meiner. Stattdessen stilles Verweilen beieinander, Worte im Herzen zueinander, ruhiges Besprechen des Vergangenen, Gegenwärtigen und Zukünftigen, neue Sichtweisen. Und in allem die Gewissheit: es ist Liebe. Da hat Er mich wirklich angefeuert. Ich gestehe: ich bin Gottes Charme, mit dem Er mich umwirbt, erlegen. Wer noch nie Exerzitien gemacht hat, wird das vielleicht nicht ganz verstehen können. Doch die anderen werden wissen, was ich meine.
Ich möchte an dieser Stelle nicht in die sehr persönlichen Details der letzten Tage gehen. Nur soviel: ich war mir – trotz aller Nervosität vor dem nächsten Schritt – noch nie so sicher, dass ich das Richtige tue. Obwohl ich eine Reihe von Alternativen hätte, die ich mir beruflich bzw. als Lebensform für mein Leben vorstellen könnte, möchte ich doch gerade nichts anderes tun, nicht woanders sein. Ob es der Weg ist, der mich glücklich macht, auf Dauer glücklich macht, weiß ich nicht. Muss ich jetzt nicht wissen – wichtig ist, dass er mich jetzt glücklich macht. Ein Mönch sagte mal einer Freundin „God wants us to be happy in our vocation„. Bin ich 🙂