Mein Eintritt ins Kloster jährt sich heute bzw. morgen. Einmal habe ich nun „alles durch“. Den Alltag im Jahreslauf. Die großen Feiern und die vielen kleinen. Die Hochfeste. Und die Tiefpunkte.
Ein Jahr, das ist nicht viel Zeit. Es verging rasend schnell, und doch scheint das Leben vorher schon viel länger zurückzuliegen. Das heißt: die „Schnittstelle“ Australien ist mir nach wie vor sehr nah, vor allem wegen jener inneren Wege, von denen ich hier im Blog kaum schrieb. Doch alles davor … ja klar, das ist zeitlich nah, und doch so fern. Zuviel hat sich verändert. Fast alles. Und ich mich auch.
Ein Jahr. Aus der Sucherin wurde eine Schwester. Äußerlich. Bin ich eine? Ich habe keine Ahnung. Doch die Sucherin, die bin ich weiterhin. Es hört nicht auf. Nie. Manches, sehr viel sogar, durfte ich finden in diesem Jahr. Nicht alles davon habe ich gesucht, manches fand mich einfach – viele Kostbarkeiten sind dabei. Anderes suchte ich und fand es nicht. Vielleicht noch nicht. Oder vielleicht gibt es manches, was ich suche, auch so einfach nicht.
Ein Jahr. Intensiver als die meisten Phasen in meinem Leben. Ins Kloster gehen, weil man sich sicher ist über Gott und das Leben? Was für eine Illusion … Es war mir vorher klar, dass vieles sich neu sortieren würde, dass es nicht einfach wird. Doch wie grundlegend und tiefgreifend alles hinterfragt wird (nicht so sehr von anderen, als vielmehr von mir und Gott), darauf war ich nicht vorbereitet, konnte ich mich wohl auch nicht vorbereiten. Kloster ist keine heile Welt, keine Versammlung von Heiligen, kein Ruheplatz, um den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Es ist nicht der Himmel, sondern harte Erde, manchmal steinhart und trocken. Und anstrengend. Bringt einen an die Grenzen von Kraft und Glauben. Wenigstens hat es mich schon so einige Male dahin gebracht. Doch es ist auch wunderschön. Aufmerksamkeit für das, was zwischen den Zeilen des Lebens steht. Hinausblicken über den eigenen Tellerrand. Barmherzigkeit. Rechnen damit, dass ein anderer der ist, der Bleibendes schafft und der Bleibende ist.
Ein Jahr. Zum ausgelassenen Feiern ist mir nicht zumute. Eher zum dankbaren Zurückschauen und zum hoffnungsvollen Vorauswünschen. Leicht waren ja insbesondere die letzten beiden Monate nicht (ziemlich normal im Noviziat). Ich weiß, dass ich nichts weiß. Diese „bahnbrechende“ Erkenntnis steht für diese Zeit. Naja, doch eines weiß oder wenigstens hoffe ich: dass ich, egal, was ist, bei Gott höchstes Ansehen habe, so wie der Christus am Kreuz auf der berühmten kleinen Zeichnung von Johannes vom Kreuz. Kein schönes Bild, aber mir bedeutet es viel. Es steht für meine Fragen, meine Ratlosigkeit, mein Suchen. Und ein anderes Bild bedeutet mir viel: die Maria Knotenlöserin in Augsburg. Nicht der Maria wegen … sondern weil ich glaube, dass sie dort ein Abbild von Gottes Engelsgeduld ist, mit der er einen Knoten nach dem anderen in unserem Leben aufdröselt … mit uns zusammen, auch jene, die wir selbst noch besonders fest vertüddelt haben. Ein sehr lieber Weggefährte schenkte mir, weil mir dieses Bild so wertvoll ist, eine moderne Ikone des Christus Knotenlösers. Die hängt an der Wand am Fußende meines Bettes – ein hoffnungsvoller Ausblick jeden Morgen!