Was Advent ist …

„Advent ist einmal eine Zeit der Erschütterung, in der der Mensch wach werden soll zu sich selbst. Die Voraussetzung des erfüllten Advent ist der Verzicht auf die anmaßenden Gebärden und verführerischen Träume, mit denen und in denen sich der Mensch immer wieder etwas vormacht. Er zwingt so die Wirklichkeit, ihn mit Gewalt zu sich zu bringen, mit Gewalt und viel Not und Leid.

Das erschütterte Erwachen gehört durchaus in den Gedanken und das Erlebnis des Advents. Aber zugleich gehört viel mehr dazu. Das erst macht ja die heimliche Seligkeit dieser Zeit aus und zündet das innere Licht in den Herzen an, dass der Advent gesegnet ist mit den Verheißungen des Herrn. Die Erschütterung, das Aufwachen: damit fängt das Leben ja erst an, des Advents fähig zu werden. Gerade in der Herbheit des Aufwachens, in der Hilflosigkeit des Zusichselbstkommens, in der Erbärmlichkeit des Grenzerlebnisses erreichen den Menschen die goldenen Fäden, die in diesen Zeiten zwischen Himmel und Erde gehen und der Welt eine Ahnung von der Fülle geben, zu der sie gerufen und fähig ist.

Der Mensch soll immer wieder einmal das innere Auge schauen und das Herz schweifen lassen. Er wird dem adventlichen Ernst und dem adventlichen Segen dann auch noch anders begegnen. Er wird Gestalten sehen, gelungene und gekonnte Menschen dieser Tage und aller Tage, in denen die Adventsbotschaft und der Adventssegen einfach da sind und leben und beglückend oder erschütternd, tröstend und erhebend den Menschen anrufen und anrühren.

Menschen dieser Tage und aller Tage, habe ich gesagt. Drei Typen meine ich vorab: den Rufenden in der Wüste, den kündenden Engel, die gesegnete Frau.“

aus: Alfred Delp SJ, Im Angesicht des Todes (Ignatianische Impulse 21)

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